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DÜREN

Wohnkirche

Ideenwettbewerb zur Umnutzung der Kirche St. Bonifatius Düren 

1. Preis

2014

Stadtteilkirche mit integrierter Wohnnutzung

Achim Schmitz, Matthias Günzel, Sibylle Ortmann, Martin Heerich

 

Wie viele Kirchengemeinden in Deutschland sah sich auch die Pfarre St. Lukas in Düren mit einer rückläufigen Zahl an Gemeindemitgliedern konfrontiert und musste sich infolgedessen der Frage stellen, wie sie in ihrem Einzugsgebiet auf den abnehmenden Bedarf an „Kirchenraum“ reagiert.
Damit einher ging die Zusammenlegung der Dürener Kirchengemeinden zur neuen Pfarre St. Lukas und die Entscheidung die Kirche St. Bonifatius umzuwidmen und einer neuen angemessenen Nutzung zuzuführen.

Infolgedessen sah sich die Pfarre vor folgenden Fragestellungen:

Wie geht sie als verantwortliche Pfarre mit der Kirche St. Bonifatius um, ohne ihren verbliebenen Mitgliedern das Zentrum des gemeindlichen Lebens sowie ihre sozialen Kontakte zu nehmen?

Wie geht sie verantwortlich mit der „Immobilie Kirchenbauwerk“ um, das auf Grund seiner Bausubstanz einen Wert an sich darstellt und unterhalten werden muss. Wie erhält sie das Gebäude im Stil der frühen Nachkriegsmoderne?

Darüber hinaus prägt St. Bonifatius wie viele andere Kirchen den öffentlichen Raum und ist Identifikationspunkt für Stadtteil- und Quartiersbewohner, d.h. auch für Nicht-Gemeindemitglieder.

Vor diese Herausforderungen gestellt und ihrer Verantwortung bewußt entwickelt die Pfarre St. Lukas zurzeit mit hypothese architekten eine tragfähiges Umnutzungskonzept für die Kirche St. Bonifatius, erbaut von Albert Bosslets im Jahre 1952 und unlängst als eines der wenigen Nachkriegs-Bauwerke Bosslets im Norden Deutschlands unter Denkmalschutz gestellt.
2012 hatte die Pfarre beschlossen die Kirche zu einem Wohngebäude mit Seniorenwohnungen und einem kleineren Sakralraum, der auch für Veranstaltungen genutzt werden soll, umzubauen.

In Würdigung des Baudenkmals und dessen Wirkung in den umgebenden Stadtraum bleibt der Charakter der dem öffentlichen Raum zugewandten Fassaden der Kirche und der Nebengebäude weitestgehend erhalten. Lediglich die drei großen vertikalen Fensterbänder über dem Kirchenportal lassen die neue Nutzung erahnen und laden ein die ehemalige Kirche zu betreten. Die südorientierte Fassade wird zum Garten über Gauben geöffnet. Diese stellen sich als eigenes Motiv selbstbewusst dem voluminösen, die einzelnen Baukörper betonenden Kirchenbau gegenüber.
Im Süden schließt eine riegelartige Wohnbebauung den Komplex aus Kirche und Pfarrhaus räumlich zur Friedensstraße und bildet eine Raumkante zum Friedhof. Die entstehende Hofanlage mit Gartenparterres erinnert an Ideen, die auch Bosslet in Erweiterung seines Kirchenentwurfs entwickelte, wie dies ein Modellfoto aus dem Jahre 1951 belegt.

 

Auch wenn der ursprüngliche und der Gemeinde vertraute Charakter der Kirche erhalten werden soll und ca. 37 % der Erdgeschossfläche einer öffentlichen Nutzung vorbehalten bleiben, wird der heutige Innenraum auf Grund des Raumprogrammes weitestgehend verändert.

Im Inneren der Kirche gruppieren sich auf 3 Geschossen die Seniorenwohnungen um den an der Nordfassade gelegenen Sakralraum, der auch für nicht kirchliche Veranstaltungen genutzt werden soll. Als „Haus im Haus“ konzipiert nehmen die Bewohner über die verglasten Öffnungen in seinen „Fassaden“ am gemeindlichen, bzw. öffentlichen Leben auf diesem „internen Platz“ teil.
Dieser „Ausschnitt“ des ehemaligen Kirchenraums, in dem die Nordfassade mit ihren originalen Fensteröffnungen, der regionaltypische Blausteinboden und die ursprüngliche Decke als oberer Raumabschluss erhalten bleiben, lässt die „alte Kirche“ erahnen.
Die zentrale Halle lässt sich um das Foyer erweitern und eröffnet - neben der Nutzung durch „Kirchenbewohner“, Gemeindemitglieder und wöchentliche Gottesdienste - so die Möglichkeit die „Stadtteilkirche“ als Ort für kulturelle Veranstaltungen (wie z.B. Konzert, Kino, Vortrag) im Stadtquartier Düren-Ost zu etablieren.
Der südliche Teil des Foyers soll zukünftig den Gemeindemitgliedern von St. Bonifatius als Pfarrbüro zugänglich sein.
Die Erschließung des Veranstaltungsbereichs und Pfarrbüros erfolgt über das vertraute Kirchenportal – den alten Treppenaufgang der Kirche. Der Platz vor der Kirche bleibt somit auch zukünftig Ort der Begegnung nach den Gottesdiensten: „Gemeinde findet vor der Kirche statt“.

 

Die Taufkapelle wird zu einem Raum des stillen Gebetes umgestaltet und nun ganztägig vor allem auch für die Friedhofsbesucher geöffnet sein. Sie erhält einen eigenen barrierefreien Zugang in Form einer Rampe vom Vorplatz der Kirche. Dieser sichert zugleich die barrierefreie Erschließung des zentralen Veranstaltungsbereichs sowie des Pfarrbüros.
Das gestaltete Rampenbauwerk wird in die nördliche Außenanlagengestaltung gebettet, wodurch dieser Bereich eine erhebliche Aufwertung erfährt - ganz im Sinne A. Bosslets, der in seiner Baubeschreibung zum Bauvorhaben aus dem Jahre 1951 auf die Bedeutung der Nordfassade als räumliche Begrenzung zum damaligen Blücherplatz verweist.

 

Der öffentliche Bereich ist mit dem Seniorenwohnbereich barrierefrei verknüpft.
Der Haupteingang bzw. die Postadresse der Wohnungen befindet sich im Sockelgeschoss der Sakristei. Vom Turm folgt man einem Weg durch den ehemaligen Pfarrgarten – nun Gartenhof mit Blumenparterres zum großzügigen, neu geschaffenen Eingang. Von dort gelangen die Bewohner barrierefrei mit einem Aufzug zu ihren Wohnungen. Die Position des Aufzugs an der Nahtstelle zwischen Chor und Kirchenschiff wurde bewusst gewählt um die alten Bodenniveaus von Kirchenschiff und Chor - in Erinnerung an den alten Kirchenraum -  erhalten zu können. Im Luftraum des Erschließungstreppenhauses und den erhaltenen Fensterbändern mit ihrer typischen Lichtführung wird der ehemalige Chor spürbar.

Aufenthaltsfreundlich gestaltete Erschließungszonen fördern die sozialen Kontakte der „Kirchenbewohner“ auf ungezwungene Weise.
Auch in den Wohnungen bleibt der Kirchenbau spürbar und verleiht diesen einen eigenen Charakter.
Die vorhandenen Stützen werden erhalten und stehen frei vor den Zimmerwänden, die wiederum von der Fassade abgelöst sind. Verglasungen schaffen Durchblicke entlang der Außenwände. Die alten Fensterverglasungen sollen, wo möglich, erhalten werden. Ergänzend wird eine zweite innere Wärmeschutzverglasung eingebaut.
Bei zunehmend altersbedingten, gesundheitlichen Einschränkungen bleiben die Bewohner im Zentrum der Gemeinde und bewältigen in rollstuhlgerecht geplanten Wohnungen und Umgebung ihren Alltag auch mit temporärer Unterstützung.
Alle Wohnungen sind ost-, west- oder/ und südorientiert, diejenigen mit Süd- oder Ost-Lage besitzen Außenwohnräume in Form von Loggien oder Balkonen.

Mit der Entscheidung altengerechte, barrierefreie Wohnungen zu realisieren, reagiert die Pfarre St. Lukas auf die sich verändernden Anforderungen des Wohnungsmarktes, die auch dem „Handlungskonzept Wohnen in Düren“ (2013) zu entnehmen sind.
Dieses prognostiziert für Düren eine dem allgemeinen Trend entsprechende Bevölkerungsabnahme, jedoch einen Bevölkerungszuwachs für den Stadtteil Düren-Ost. Damit geht einher ein zukünftiger Bedarf an besonderen Wohnformen u.a. für Senioren und Alleinerziehende, das heißt 1 bis 2-Personenhaushalte, so die Untersuchungsergebnisse.
Auch mit dem Wohnungsangebot in der Bebauung zur Friedenstraße könnte den oben beschriebenen Anforderungen entsprochen werden, in dem dort z.B. Wohnraum für alleinerziehende Mütter mit Kind realisiert wird, sodass die Stadtteilkirche St. Bonifatius mit integrierter Wohnnutzung erweitert wird zum generationenübergreifenden Wohnprojekt.

Das Mehr-Generationen- Wohnen könnte sich so um den gemeinschaftlich genutzten, neuen Garten mit Spielplatz und Sitzgelegenheiten gruppieren. Er soll zum Treffpunkt für die jungen und alten Bewohner werden, die neue Nachbarschaften bilden, die im Idealfall familiären Verbindungen ähnlich sind. Darüber hinaus könnte der Garten auch ein Angebot an die Quartierbewohner darstellen.

Das Projekt „Stadtteilkirche St. Bonifatius“ mit seiner integrierten Wohnnutzung sichert nicht nur gemeindliches Leben in der Zukunft, sondern stellt auch einen zukunftsfähigen Baustein für die gesamte Entwicklung des Stadtteils Düren-Ost dar.

 

Hypothese 2013

Bosslet 1951

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