hypothese
achim schmitz I architektur
Baubeschreibung Denkmalpflege
Die neu eingefügte Architektur des Kindergartens wird so in den Kirchenraum integriert, daß sie sich als eigenständiges Ensemble klarer Volumen durch eine kontrastierende Materialsprache vom Bestand abhebt.
Die neuen Einbauten rücken im Bereich der Chorebene und der Orgelempore von den Bestandswänden und Decken ab. Der Kirchenraum bleibt somit in seinen Proportionen, seiner Materialität und seiner Lichtführung weiterhin ablesbar.
Die drei mit einer Holz-Lamellenschalung verkleideten Volumen lösen sich durch Schattenfugen vom Bestand. Sie staffeln sich in ihrer Höhe vom niedrigsten Einbau unter der Orgelempore zum 1 m höheren Volumen an der Südfassade bis zum zweigeschossigen, 6,70 m hohen würfelförmgen Einbau auf der Chorebene.
Die beiden Baukörper im Kirchenschiff erhalten eine horizontale, die Länge betonende, auf Lücke gesetzte Holzlamellen-Fassade mit einem anthrazitfarbenem Hintergrund.
Der würfelförmige Einbau im Chor erhält die gleiche Holzlamellen-Fassade in vertikaler, die Höhe betonenden Ausrichtung. Die Holzverschalung wird so weit um die Kanten der Körper geführt, daß diese für den Betrachter als allseitig mit dem Material bekleidete Volumen erscheinen. Die Lamellenschalung aus Lärche ist in transparent lackiertem Naturton gehalten
Die drei Bauteile werden untereinander durch zwei mit einem anthrazitfarbenem Spachtelputz versehenen Kopplungselemente verbunden, deren Höhe jeweils 20 cm geringer ist als der niedrigste der beiden Kuben, die sie jeweils verbinden.
Die so gebildete Kette von versetzt angeordneten Baukörpern umschließt den verbleibenden Kirchenraum, der zukünftig als Spielfläche bzw. zum internen Gottesdienst genutzt wird.
Der Spielbereich erhält einen rötlichen Fallschutzbodenbelag. In den Randbereichen bleibt der dunkle Natursteinboden sichtbar.
Der Einbau der Kita-Nutzung erfolgt niveaugleich zum Bestand. Der vorhandene Boden im Kirchenschiff wird partiell zurückgebaut und ersetzt, um die neuen Baukörper zu gründen bzw. zu dämmen. Der Natursteinbelag im Chor soll im Bereich der Küche erhalten bleiben.
Der Einbau unterhalb der Orgelempore erhält in der Flucht der Mittelachse gestaffelt angeordnete Glastüren. Die historische Blick- und Wegebeziehung der Wegekirche bleibt somit weiterhin erlebbar. Zudem soll zur Betonung der Mittelachse ein Streifen des vorhandenen Natursteinbodens in einer Breite von 1,60 m ausgehend vom Kirchenportal durch den Kitabereich bis zum Kirchenschiff geführt werden.
Die Fenster der inneren Fassade des an der Südfassade gelegenen Baukörpers werden durch in die Fensterebene zurückversetzte anthrazitfarbene Paneele zu einem Band zusammengeführt. Das Fensterband hat eine Brüstung von 50 cm Höhe.
Der zentral auf der Chorebene platzierte würfelförmige Einbau erhält zwei außermittig übereinander angeordnete, bodentief verglaste Türöffnungen. Mittels der beidseitigen, flächenbündig schließbaren Klappläden kann die dem Kirchenportal gegenüberliegende vertikal ausgerichtete Lamellenwand komplett geschlossen werden. (Altarrückwand / Retabel) Das mittig angeordnete Altarkreuz sowie die Beleuchtung bleiben erhalten.
Das Volumen des mittleren Kubus, in dem die Gruppen 2 und 3 untergebracht sind, wird durch einen Anbau an der südlichen Kirchenwand nach außen erweitert.
Das leichte Auskragen des Obergeschosses und das zurückversetzte anthrazitfarbene Sockelgeschoss unterstreichen die schwebende Wirkung des kubischen Anbaus.
Die neuen Nutzungseinheiten der Kita werden direkt über die West- / Süd- und Ostfassade belichtet und indirekt über das verbleibende Kirchenschiff. Die vorhandenen Fenster-bänder an der Südfassade werden bis auf die Höhe des Kita-Einbaus geschlossen.
Die Nordfassade, an die die weiterhin genutzte Taufkapelle angeschlossen ist, bleibt unverändert.
Die nach Süden ausgerichtete vertikal gegliederte Glasfassade wird ebenso wie die innere Fassade zum Kirchenschiff als Bandfenster ausgebildet. Es sind generell Fensterrahmen aus lasierend beschichteten Holzprofilen vorgesehen.
Die Fassadenverkleidung greift die Farbgebung und Teilung der inneren Holzlamellen-Fassade auf. Als Material dienen großformatige, aus mehreren Farbtönen zu einem Ockerton gemischte Faserzement- bzw. Faserbetonplatten.
Der neu in das Untergeschoss des Sakristeigebäudes eingeschnittene Kita-Eingang erhält zur Akzentuierung eine umlaufende Einfassung aus dem selben Plattenmaterial wie der Anbau. Die Fensteröffnungen im Obergeschoss der Eingangsfassade bleiben erhalten.
Der umgenutzte Sakristeiflügel wird durch neue großflächige, quadratische Fenster-öffnungen in den Bestandswänden belichtet.
Desgleichen werden in die Chorrückwand neue Fensteröffnungen geschnitten, die sich proportional an die bestehende Putzgliederung (Lisenen) anpassen. Die neuen über Geschosse geführten vertikalen Fensterbänder erhalten einen farblich an die Bestandsfensterbänder angepassten Metallrahmen. Im Bereich der Geschossdecke wird in der Glasebene ein dunkles Glaspaneel eingebaut. Die Anschlüsse der Putzfassade werden wiederhergestellt.
Achim Schmitz
Martin Heerich
Kindergarten san Pedro
KINDERGARTEN san Pedro
in der denkmalgeschützen Kirche St. Bonifatius
DÜREN
© Jürgen Huenerbein Aachen
© Jürgen Huenerbein Aachen
© Jürgen Huenerbein Aachen
© Jürgen Huenerbein Aachen
Alber Bosslets St. Bonifatius
Die Haupt-Schaffensperiode des Würzburger Architekten Albert Bosslet liegt vor dem 2. Weltkrieg in der Zeit der 30er-Jahre.
Trotz seiner vergleichsweise wenigen Kirchenbauprojekte in der Nachkriegszeit gelingt Bosslet mit St. Bonifatius 1952 die erste Fertigstellung eines Kirchenneubaus im Rheinland.
Der Bau steht heute unter Denkmalschutz und entstand parallel zum Bau der Anna Kirche von Rudolf Schwarz. Er ist neben dieser und weiterer Kirchenbauten der Zeit ein spannendes Referenzobjekt in Düren.
Mit St. Bonifatius versucht Bosslet an die Architektur der Nachkriegsmoderne anzuknüpfen. Dabei übernimmt Bosslet moderne Stilelemente und Bautechniken. Er begründet dies 1952 mit der Ressourcenknappheit der Zeit: „die Anwendung der neuen technischen Errungenschaften beim Kirchenbau dient bei uns in erster Linie den Bau zu verbilligen.“
(Bosslet 1952)
Tatsächlich präsentiert sich sein Neubau weitaus reduzierter und sachlicher als seine Vorkriegsbauten, die vom Ausdruck viel deutlicher dem zeittypischen Ideal der Romanik im Kirchenbau der 30er-Jahre verpflichtet sind. Dagegen erscheint das Innere von St. Bonifatius nun als ein heller weißer Kirchenraum, der seinen Raumabschluss im Chor in einer schlichten weißen geschlossenen Wand findet. Weißer Putz, schlanke Stützen in Sichtbeton und sachliche vertikale Fensterbänder, ausgeführt als einfache Industrieverglasung, prägen die Architektur.
Trotz dieser deutlichen modernen Zitate spürt man im Bezug auf die Gliederung der Baukörper ein eher konservatives Liturgieverständnis. Die strenge axiale und symmetrische Ausrichtung des Baus ist schon von außen durch das monumentale, dreiteilige Portal zu erahnen. Das Kirchenschiff wird von einer leicht gewölbten blauen Rabitzputz Decke überspannt. Die etwas niedrigeren Seitenschiffe sind vom Hauptschiff durch eine Stützenreihe abgetrennt, und der durch einen angedeutet Rundbogen abgesetzte Chor ist gegenüber dem Kirchenschiff leicht erhöht.
Die in Bosslets Architektur der Vorkriegszeit kraftvoll inszenierten Stilelemente sind somit auch noch im Bau der Kirche St. Bonifatius ablesbar. Sie werden jedoch zugunsten der intendierten modernen Leichtigkeit wesentlich dezenter eingesetzt. Aus architektonischer Sicht erinnert St. Bonifatius an den Versuch einer modernen Interpretation einer klassischen Wegkirche.
Mit dem Einbau des Kindergartens wird die Funktion des Bauwerks wesentlich verändert. Gewünscht ist zukünftig ein Miteinander von Kita und Gemeinde.
Zudem sollen die wesentlichen Bezüge des beschriebenen Kirchenbaus mit dem Einbau des Kindergartens sichtbar und erlebbar bleiben.